Im Berliner Stadtteil Lichtenberg etablierte sich ab 1950 die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR. Fast 40 Jahre lang organisierte die Stasi von hier aus die Überwachung und Verfolgung der eigenen Bevölkerung im Auftrag der herrschenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).
Die Staatssicherheit war innenpolitische Geheimpolizei, Ermittlungsbehörde und Auslandsnachrichtendienst in einem. Das Ministerium verfügte über eigene Untersuchungsgefängnisse, Waffen und ein eigenes Wachregiment. Es hatte 1989 knapp über 90.000 hauptamtliche Mitarbeiter.
Ausbreitung der Stasi in Lichtenberg
Als ersten Dienstsitz bezog das MfS das Lichtenberger Finanzamt in der Normannenstraße 22 - in einem zu dieser Zeit, von Gärten und Wohnhäusern geprägten Stadtgebiet. Nach und nach entstanden neue Bauten, Gebäude und Straßen verschwanden hinter Mauern und Sperrzäunen. Ab 1964 war Haus 1 Mittelpunkt und Ministersitz. Das Gelände wurde ein militärisch gesichertes und von der Umgebung abgeriegeltes geheimdienstliches Areal.
Zuletzt umfasste die Ministeriumszentrale eine Fläche von 22 Hektar mit rund 50 Gebäuden für etwa 7.000 Mitarbeiter. Um den Innenhof zwischen Normannen-, Rusche- und Magdalenenstraße gruppieren sich Haus 1, Haus 7 und Haus 22 – drei Orte, die für das Funktionieren des Apparats einst von zentraler Bedeutung waren. Die Stasi nutzte auf dem gesamten Gelände eine eigene Häusernummerierung, die teilweise bis heute erhalten geblieben ist.
Einzug der Stasi ins fünfgeschossige Gebäude des 1931 gebauten und 1938 erweiterten Finanzamtes von Lichtenberg. Der neu geplante Anbau erfolgte in enger gestalterischer Anlehnung an den Bestandsbau und verlief auf der Helmutstraße, die somit wegfiel.
Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo. Nr. 61, Bild 6
Schild in der Normannstraße 22, offizielle Adresse der Stasi Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo. Nr. 61, Bild 5
Festveranstaltung mit Kulturprogramm und Festbankett im Beisein von Walter Ulbricht, Erich Mielke und Erich Honecker im Haus 2, um 1960
Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo 1558, Bild 35
Entstehung des zweites Bürogebäude: Der L-förmige Neubau wurde bis 1958 im Zuge einer von vielen Erweiterungen der Stasi-Zentrale errichtet. Im Turm-Kopfbau entstanden Sitzungs-, Lese- und Konferenzsäle, ein Sprachlabor und ein Unterrichtskabinett. Verschiedene Diensteinheiten arbeiteten hier, hauptsächlich bis zum Schluss die HAXX (Staatsapparat, Kirchen, Kultur, Untergrund).
Quelle: BArch, MfS, BdL, Fo, Nr. 82, Bild 463
Ein Mitarbeiter der Hauptabteilung XX der Stasi. Er wurde scheinbar zu Testzwecken mit einer verdeckten Kamera fotografiert, um 1977.
Quelle: BArch, MfS, HAXX, Fo, 1019, Bild 12
Eine eigene Polyklinik mit Krankenstation sicherte die medizinische Versorgung der Stasi-Mitarbeiterinnen und- mitarbeiter. Vor Ort gab es mehrere Fachärzte und einen OP-Bereich. 1966 erfolgte die Erweiterung der Klinik um einen Anbau (Haus 20).
Quelle: BArch, MfS, BdL, Fo, Nr. 296, Bild 32
Das MfS errichtet das Speisehaus für Abteilungsleiter mit Konferenzsaal im Obergeschoss auf dem Hügel, wo sich früher die sogenannte Köhler’sche Schrottmühle befand.
Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo 598, Bild 26
Gratulationscour anlässlich des 20. Jahrestages des MfS im Haus 22 (Erich Honecker und Erich Mielke).
Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo, Nr. 2465, Bild 231
Achtgeschossiges Gebäude mit der Büroetage des Ministers Erich Mielke.
Quelle: BArch, MfS, BdL, Fo, Nr. 82, Bild 467
Erich Mielke und das Wachregiment des MfS kurz nach Einzug des Ministers in Haus 1, 1964
Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo 1605, S. 4
Neubau von Dienstobjekten in der Gotlindestraße: Entstehung von sechs Bürogebäuden mit insgesamt 474 neuen Büroräumen.
Quelle: BArch, MfS, VRD, Foto Nr. 42, Bild 7
Sprengung und Abriss von Wohnhäusern an der Normannen- und Ruschestraße für den Bau des Versorgungsobjekts Haus 18, 1976.
Quelle: BArch, MfS, VRD, FoNr. 3, Bild 1
"Haus 15" der Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg wurde 1978 fertig gestellt und beherbergte mehr als 1.100 Büros sowie Labor-, Werkstatt- und Lagerräume der Hauptverwaltung A.
Quelle: BArch, MfS, SdM, Fo, Nr. 19, Bild 6
Nach Abriss der Altbausubstanz in der Magdalenenstraße entstand zwischen 1981 und 1985 ein neuer Gebäudekomplex mit Bauten für die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG), Archiv sowie Diensträume für die elektronische Datenverarbeitungszwecke mit abgeschirmten Rechnerbereichen.
Quelle: BArch, MfS, VRD, 6145, Bild 6
Mitarbeiterin der Abteilung XII bei der Arbeit an einem Karteiumlaufschrank, der Karteikarten der zentralen Personenkartei F 16 enthielt, um 1985.
Quelle: BArch, MfS, Abt.XII, Fo, Nr. 92, Bild 2
Haus 18 diente als Versorgungs-, Dienstleistungs- und Konferenzzentrum für die in der Stasi-Zentrale beschäftigten Mitarbeiter. Diese konnten auf 6.500 Quadratmetern exklusiv einen Supermarkt sowie eine Ladenzeile mit Friseursalon, Reisebüro, einem Souvenirshop und eine Buchhandlung nutzen. In den Speisesälen fanden mehr als 1100 Personen gleichzeitig Platz. Der Konferenzsaal fasste mehr als 500 Personen. Das in Plattenbauweise errichtete Haus verfügte im 2. Obergeschoss über einen Verbindungsgang in das Haus 2.
Quelle: BArch, MfS, VRD, Fo, Nr. 3, Bild 19
Auch der große Speisesaal wurde für Versammlungen der Stasi-Mitarbeiter genutzt. Hier wohl für ein Vorbereitungstreffen für den XI Parteitag der SED 1986.
Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo, 1448.
Der Übersichtsplan der Stasi von 1982 zeigt die Anordnung und Bezeichnung der Dienstgebäude in der Zentralstelle in Berlin-Lichtenberg. Jedes Dienstgebäude ist hier mit einer Nummer versehen, aus der sich die Bezeichnung der Häuser ergibt.
Quelle: BArch, MfS, BdL/Dok., Nr. 2474, Bl. 173
Das Ende der Stasi
Im Zuge der Friedlichen Revolution 1989/90 drängten couragierte Bürgerinnen und Bürger auf das Gelände und trugen dazu bei, das Wirken der Stasi und die Vernichtung der Unterlagen zu beenden. "Freiheit für meine Akte" war dabei eine zentrale Forderung der Bürgerrechtsbewegung. Damit verbunden war der tiefsitzende Wunsch vieler Menschen, darüber Kenntnis zu erhalten, welche Informationen die Stasi über sie gesammelt hatte.
Aufruf vom Neuen Forum
Quelle: RHG
Menschen drängen am 15. Januar 1990 auf das Gelände der Staatssicherheit in Berlin.
Quelle: BArch/Schoelzel
Nach der Erstürmung des Stasi-Geländes am 15. Januar 1990 maltenDemonstrierende die Forderung „Genug gespitzelt raus jetzt!“ an eineWand eines Gebäudes der Stasi.
Quelle: BArch/Schölzel
Aktenbündel und Säcke mit zerrissenen Unterlagen im sogenannten "Kupferkessel" im Haus 7, 1992. Quelle: Bundesregierung B 145 Bild-00332591 / Schambeck, Arne
Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie
Jährliches Campus-Kino unter freiem Himmel
Quelle: BArch / Witzel
Heute ist die frühere Bastion der Geheimpolizei ein Ort der Aufklärung über Diktatur und Widerstand, ein Lernort für Demokratie. Zivilgesellschaftliche Institutionen, unter anderem die Robert-Havemann-Gesellschaft mit dem Archiv der DDR-Opposition und der Verein ASTAK mit dem Stasimuseum, nutzen diesen Ort für ihre Arbeit. Das Stasi-Unterlagen-Archiv im Bundesarchiv hat hier seinen zentralen Berliner Standort. Individualbesucher und Gruppen können Gelände-, Archiv- und Ausstellungsführungen wahrnehmen und Veranstaltungen besuchen.